Medienrechtler fordern mehr Transparenz von ARD und ZDF
Dörr: Geist des ZDF-Urteils nicht überall erfasst - Schoch sieht Rechenschaftspflicht
Berlin (epd). ARD und ZDF müssen nach Ansicht des Mainzer Medienrechtlers Dieter Dörr mehr Transparenz zeigen. Der Geist des ZDF-Urteils des Bundesverfassungsgerichts sei auch auf Intendantenebene noch nicht in allen Anstalten voll erfasst worden, sagte Dörr am 8. November bei einem Expertengespräch in Berlin. Transparenz solle nicht allein den Aufsichtsgremien gegenüber, sondern der Gesellschaft gegenüber geübt werden. Dörr kritisierte auch, dass öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten sich selbst als "Unternehmen" oder "Konzern" bezeichnen: "Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist kein Unternehmen, sondern erfüllt eine öffentliche Aufgabe."
Bei der Diskussionsrunde des Mainzer Medien Disputs und der Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm (AG Dok) zum Thema "Mehrwert Transparenz" sagte Dörr, grundsätzlich werde der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der jetzigen Medienwelt mehr als je zuvor gebraucht. In einer immer pluralistischer werdenden Gesellschaft müssten die Sender die demokratischen und kulturellen Grundwerte vermitteln. Dazu gehöre auch, dass der öffentliche Rundfunk für das Publikum attraktiv bleiben und etwa über Sportereignisse berichten müsse. Allerdings rechtfertige er sich zu wenig mit seinen Stärken und gestehe zu selten eigene Fehler ein.
In einer bei der Veranstaltung verbreiteten Stellungnahme bezeichnete es der Freiburger Staatsrechtler Friedrich Schoch als "ein grundlegendes Missverständnis, wenn angenommen wird, die Rundfunkfreiheit entbinde prinzipiell von Transparenzpflichten". Zutreffend sei das Gegenteil, führt Schoch aus. In seinem Gutachten heißt es unter anderem: "Pikant wird es, wenn eine Rundfunkanstalt aufgrund fest kalkulierbarer Einnahmen den Wettbewerb ausschalten und de facto eine Monopolsituation selbst schaffen kann. Dazu könnten die ,Sportrechte' Beispiele bieten." Wenn etwa am Werbemarkt ungefähr 40 Millionen Euro für die Champions League refinanzierbar seien und ein öffentlich-rechtlicher Sender über 50 Millionen Euro für den Rechteerwerb biete, werde die Rechenschaftspflicht gegenüber den Beitragszahlern zu einer Selbstverständlichkeit.
Schoch kritisiert in der Stellungnahme auch, dass sich die Politik schwer tue, verbindliche Vorgaben für die Offenlegung von Informationen zu machen. Die Rechtsprechung könne in diesem Bereich kaum systematisch wirken, sondern nur fallbezogen und punktuell. Wünschenswert wäre ein stärkeres Eintreten der Anstaltsgremien für Transparenz, so Schoch.
Bei der Veranstaltung stellte zudem der Berliner Unternehmensberater und Herstellungsleiter Jörg Langer erste Ergebnisse einer Studie im Auftrag der AG Dok vor, an der er seit rund vier Wochen arbeitet. Dabei verwendet Langer ausschließlich öffentlich zugängliche Daten der Sender und der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF). Zwar gebe es in einigen öffentlich-rechtlichen Sendern bereits eine "Transparenz-Offensive", die sich etwa in regelmäßig veröffentlichten Produzentenberichten zeige, so Langer. Die Sender müssten aber die Rückstellungen aus Abgaben transparenter darstellen und Kategorien wie den Beschaffungs- und Programmaufwand einheitlich benennen, um Vergleichbarkeit herzustellen.
Langer hat festgestellt, dass sich die Kosten für Sport dynamisch nach oben entwickeln. So hätten beim ZDF im Jahr 2014 Sportrechte etwa 30 Prozent der Kosten, aber nur sechs bis sieben Prozent der Sendefläche ausgemacht. Zugleich sei zu beobachten, dass sich die Kosten des Programmbereichs Kultur und Wissenschaft nach unten entwickelt hätten. Im Bereich Politik/Gesellschaft hielten sich dagegen Kosten und Sendefläche nahezu die Waage. Nach dem Effizienzkriterium "Zuschauererreichung" - also der pro ausgegebenem Euro erreichten Zuschauerzahl - seien Sportereignisse dabei trotz der hohen Marktanteile insgesamt wenig erfolgreich. Die von der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung geförderte Studie soll Ende März 2017 veröffentlicht werden.
Aus epd medien Nr. 46 vom 11. November 2016

Unesco-Bericht Jeden fünften Tag wird ein Journalist getötet Die Unesco beklagt in einem neuen Bericht die Tötung von mehr als 800 Journalisten in den vergangenen zehn Jahren. Dabei seien lediglich acht Prozent der insgesamt 827 Todesfälle aufgeklärt worden. Dabei leben nicht nur Reporter in Kriegsgebieten wie Syrien und autoritären Staaten gefährlich, sondern inzwischen anscheinend auch in Westeuropa. US-Journalist James Foley berichtete oft aus Krisengebieten, wie hier in Libyen - jetzt ist er im Irak offenbar von islamischen Terroristen getötet worden. (AFP / Aris Messinis) US-Journalist James Foley berichtete oft aus Krisengebieten, wie hier in Libyen. Er wurde in Syrien entführt und von Islamisten getötet. (AFP / Aris Messinis) Mehr zum Thema Getöteter Journalist Pawel Scheremet Ukrainisches Innenministerium spricht von "dreistem Mord" Berichterstattung aus und über Syrien Die Grenzen des Journalismus "Durchschnittlich alle fünf Tage wird ein Journalist aufgrund seiner Arbeit umgebracht", sagte Wolfgang Schulz, Vorstandsmitglied der Deutschen Unesco-Kommission, anlässlich des Internationalen Tages gegen Straflosigkeit für Verbrechen an Journalisten. "Hinzu kommen Verbrechen wie Entführungen, willkürliche Verhaftungen, Folter, Einschüchterungen, Belästigungen und die Beschlagnahmung von Recherchematerial." "Straflosigkeit stärkt die Täter" Trotz einer erhöhten Bereitschaft vieler Länder bei der Strafverfolgung blieben die Taten noch immer häufig ohne Konsequenzen für die Täter. "Straflosigkeit stärkt die Täter, gefährdet die Prinzipien des Rechtsstaats und führt zu Angst und Selbstzensur der Journalisten", erklärte Schulz. Darunter leide die gesamte Gesellschaft. Dem Unesco-Bericht zufolge wurden in den Jahren 2014 und 2015 insgesamt 213 Journalisten getötet. Insgesamt 78 der Opfer hielten sich in der arabischen Region auf, die damit aufgrund der Konflikte in Syrien, dem Irak, Jemen und Libyen erneut die für Journalisten weltweit gefährlichste Region war. In Lateinamerika und in der Karibik wurden 51 Journalisten umgebracht, 34 in Asien und der Pazifikregion, 27 in Afrika und zwölf in Zentral- und Osteuropa. Mit elf Todesfällen stieg die Mordrate in Westeuropa erheblich, insbesondere aufgrund der Tötung von acht Mitgliedern der Redaktion des französischen Satiremagazins "Charlie Hebdo" in Paris im Januar 2015, wie es hieß. Blogger im Visier In den vergangenen zehn Jahren wurden laut Unesco insbesondere Printjournalisten Opfer von Tötungsdelikten. 2014 und 2015 hingegen arbeitete die Mehrzahl der ermordeten Journalisten für das Fernsehen. Ein erheblicher Anstieg wurde 2015 bei der Zahl der getöteten Online-Journalisten verzeichnet. Dies könnte auch damit zusammenhängen, dass generell mehr Journalisten für Online-Angebote berichten. Von den 21 ermordeten Online-Journalisten waren fast die Hälfte syrische Journalisten und Blogger, wie aus dem Bericht hervorgeht. 59 Prozent aller Todesfälle 2014/2015 ereigneten sich in bewaffneten Konflikten. Fast 90 Prozent der Opfer in den Jahren 2014 und 2015 seien Lokaljournalisten gewesen, erklärte die UN-Organisation. Dieser Trend habe sich bereits in der vergangenen Dekade abgezeichnet. Freie Journalisten, die oft ohne angemessenen Schutz arbeiten, seien die am stärksten gefährdete Gruppe im Mediensektor. 40 Freie und Bürgerjournalisten, die online berichteten, wurden dem Bericht zufolge in den vergangenen zwei Jahren umgebracht. (fwa/tj)

Unesco-Bericht Jeden fünften Tag wird ein Journalist getötet
Die Unesco beklagt in einem neuen Bericht die Tötung von mehr als 800 Journalisten in den vergangenen zehn Jahren. Dabei seien lediglich acht Prozent der insgesamt 827 Todesfälle aufgeklärt worden. Dabei leben nicht nur Reporter in Kriegsgebieten wie Syrien und autoritären Staaten gefährlich, sondern inzwischen anscheinend auch in Westeuropa.
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US-Journalist James Foley berichtete oft aus Krisengebieten, wie hier in Libyen. Er wurde in Syrien entführt und von Islamisten getötet. (AFP / Aris Messinis)



"Durchschnittlich alle fünf Tage wird ein Journalist aufgrund seiner Arbeit umgebracht", sagte Wolfgang Schulz, Vorstandsmitglied der Deutschen Unesco-Kommission, anlässlich des Internationalen Tages gegen Straflosigkeit für Verbrechen an Journalisten. "Hinzu kommen Verbrechen wie Entführungen, willkürliche Verhaftungen, Folter, Einschüchterungen, Belästigungen und die Beschlagnahmung von Recherchematerial."


"Straflosigkeit stärkt die Täter"
Trotz einer erhöhten Bereitschaft vieler Länder bei der Strafverfolgung blieben die Taten noch immer häufig ohne Konsequenzen für die Täter. "Straflosigkeit stärkt die Täter, gefährdet die Prinzipien des Rechtsstaats und führt zu Angst und Selbstzensur der Journalisten", erklärte Schulz. Darunter leide die gesamte Gesellschaft.
Dem Unesco-Bericht zufolge wurden in den Jahren 2014 und 2015 insgesamt 213 Journalisten getötet. Insgesamt 78 der Opfer hielten sich in der arabischen Region auf, die damit aufgrund der Konflikte in Syrien, dem Irak, Jemen und Libyen erneut die für Journalisten weltweit gefährlichste Region war. In Lateinamerika und in der Karibik wurden 51 Journalisten umgebracht, 34 in Asien und der Pazifikregion, 27 in Afrika und zwölf in Zentral- und Osteuropa. Mit elf Todesfällen stieg die Mordrate in Westeuropa erheblich, insbesondere aufgrund der Tötung von acht Mitgliedern der Redaktion des französischen Satiremagazins "Charlie Hebdo" in Paris im Januar 2015, wie es hieß.
Blogger im Visier
In den vergangenen zehn Jahren wurden laut Unesco insbesondere Printjournalisten Opfer von Tötungsdelikten. 2014 und 2015 hingegen arbeitete die Mehrzahl der ermordeten Journalisten für das Fernsehen. Ein erheblicher Anstieg wurde 2015 bei der Zahl der getöteten Online-Journalisten verzeichnet. Dies könnte auch damit zusammenhängen, dass generell mehr Journalisten für Online-Angebote berichten. Von den 21 ermordeten Online-Journalisten waren fast die Hälfte syrische Journalisten und Blogger, wie aus dem Bericht hervorgeht. 59 Prozent aller Todesfälle 2014/2015 ereigneten sich in bewaffneten Konflikten.
Fast 90 Prozent der Opfer in den Jahren 2014 und 2015 seien Lokaljournalisten gewesen, erklärte die UN-Organisation. Dieser Trend habe sich bereits in der vergangenen Dekade abgezeichnet. Freie Journalisten, die oft ohne angemessenen Schutz arbeiten, seien die am stärksten gefährdete Gruppe im Mediensektor. 40 Freie und Bürgerjournalisten, die online berichteten, wurden dem Bericht zufolge in den vergangenen zwei Jahren umgebracht.
(fwa/tj)